Porträts
Verleger Wolfgang Hölker
Von einem der auszog, Kinder glücklich zu machen

Das Durcheinander hat System - und es strahlt einen Charme aus, dem man kaum widerstehen kann. Hier kann man sich wohlfühlen, als Besucher ebenso wie als Mitarbeiter. Die Kinderseele jubiliert. Hafenweg 30. Eine der Top-Adressen in Münsters ehemaligem Hafen, dem selbsternannten Eldorado aller Kreativen und solcher, die es nur zu gerne einmal sein möchten. Wolfgang Hölker, Verleger seines Zeichens, hat freilich Zeichen gesetzt. Die Latte liegt seither hoch. Denn Hölker ist erfolgreich und höchst kreativ zudem, wie man unschwer an seinem neuen Domizil ablesen kann.

Das fünfstöckige Gebäude, ein ehemaliger Kornspeicher - alles andere als ein nüchternes, funktionales Bürogebäude - mutet wie eine viel zu großgeratene Puppenstube an oder wie ein überbordender Theaterfundus. Vollgestopft ist der vom Dielenboden bis zu den nackten Stahlträgern an der Decke mit Fundsachen, altem und neuem Spielzeug, Kostbarem und Wertlosem. Es sind dies die Mitbringsel des umtriebigen Hausherren von seinen ausgedehnten Streifzügen über Flohmärkte. Strandgut, Treibgut, Fundsachen. Nicht kunstvolles Arrangement mit theatralischem Gestus, sondern einfach praktisches und unpraktisches Sammelsurium. Kein Museum, sondern unaufgeräumtes Kinderzimmer. Ist Wolfgang Hölker noch nicht wirklich "groß" geworden, seiner Kinderstube noch nicht entsprungen? Die Antwort wird er uns schuldig bleiben.

Hölker charakterisiert sich selbst als Jäger, nicht als Sammler. Darauf legt er Wert. Das, so sagt er naserümpfend, würde ihn in seiner Freiheit und Kreativität einschränken. Allesamt sind sie persönliche Schätze, die eine Geschichten zu erzählen wissen, sei sie noch so klein - mal trivial und mal bedeutungsvoll. Und Wolfgang Hölker ist wie besessen auf der Suche nach Geschichten, Geschichten, die sich ihm zuallererst in kuriosen Objekten und Spielzeug widerspiegeln. Immer im Dienst? Nein! Aber immer in Bewegung und unermüdlich kreativ. "Ich lasse mich als Zuhörer gerne faszinieren", gesteht er mit großen Kinderaugen. "Und ich fasziniere gerne mit meinen Geschichten." Über sein Gesicht huscht ein verschmitztes Lächeln.

Hier ist offenkundig jemand am Ziel seiner Träume. Projekte machen. "Spuren hinterlassen", bekennt er freimütig. Beruf und Passion vereint. Denn Wolfgang Hölker verkauft Geschichten. Erfolgreich. Und das schon seit vielen Jahren. Als Verleger und Herr gleich zweier Verlage und einer erfolgreichen Geschenkedition hat er sich spezialisiert auf Kinderbücher und Kochbücher. Kaum ein Haushalt, in dem nicht mindestens eines seiner Bücher steht. Im Kinderzimmer die "Vogelhochzeit" von Antje Vogel, der allererste Bestseller, die Geschichten von "Felix", dem "Mondbär" oder "Waldemar", in der Küche "Das Brotbackbuch" mit blau-weißem Leineneinband, Fettfleck und einer Fingerspitze voller Mehl zwischen den Seiten.

Das imposante Gebäude im Hafen kommuniziert dazu die passende Botschaft. Corporate Identity: Offenheit und Durchlässigkeit, Traditionsbewusstsein gepaart mit Nostalgie, Naivität, Verspieltheit und nicht zuletzt Kreativität. "Wir leben unsere Vision", erklärt der Hausherr. Es gibt keine Brüche. Die schöpferische Unruhe ist gewollt. Offenheit auch. Mitunter gerät das Tagesgeschäft, das 70 Verlagskräfte rechtschaffen ernährt, zu einer Gruppenveranstaltung. Doch letztlich obsiegt die Rationalität des Geschäftes und die Entscheidung des Verlegers. Basta. "Wir machen Kinder glücklich." Ein Credo, das neue Kräfte mobilisiert.

"Ich muß stolz auf das Buch sein, das ich mache", sagt Wolfgang Hölker. Und so entstehen Kinderbücher von anspruchsvoller grafischer Qualität, die immer wieder einen besonderen Clou beinhalten. Das Gimmick - mal eine kleine Mundharmonika, mal ein kleiner Spaten beim "Großen Buch für kleine Gärtner", markieren beinahe nahtlos den Übergang zur Geschenkedition "Die Spiegelburg", mit der Hölker Plüschtiere im Buchhandel und Bücher in der Geschenkboutique etablieren konnte.

Mit der Edition "Die Spiegelburg" war der Coppenrath Verlag einer der ersten Verlage, der neben dem Buchprogramm ein eigenständiges Non-Book-Programm entwickelte. Seither verfolgt der Verlag mit dieser hochwertigen Plüsch- und Geschenkartikelkollektion konsequent die Philosophie, spielerisch eine Verbindung zum Buchprogramm herzustellen.

"Rund um das Buch schaffen wir eigene Welten", betont der Verleger. "So ist beispielsweise ‚Waldemars großes Gartenbuch' nicht nur ein informatives und grafisch gelungenes Buch, sondern mit den Artikeln aus der Edition ‚Die Spiegelburg' wurde eine kleine Gartenwelt geschaffen." Auffallend ist hier, dass nicht nur kleine Mitnahmeartikel wie Beetstecker oder Samendöschen angeboten werden, sondern eine echte Gartenharke sowie ein Spaten für Kinder das Sortiment abrunden.

Ein neuer Bereich ist das Lizenzgeschäft. Darauf ist Hölker besonders stolz, weil es sich rasant entwickelt und die Figuren vor allem im Ausland bekannt macht. Namhafte Firmen wie Lighthouse, Marburger Tapeten oder Mottom haben hierzulande die Stärken der Charaktere aus dem Hause Coppenrath entdeckt und vertreiben Lampen, Tapeten oder Kinderkollektionen mit Felix oder dem Mondbären.

Aber nicht nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind Hölker Verlag, Coppenrath Verlag und "Die Spiegelburgedition" als Erfolgsadressen bekannt. Auch in Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Lichtenstein, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Spanien und in den USA, ja selbst in Israel und Korea werden die Geschichten von Felix, Waldemar und Co. vertrieben und haben dort ihre Freunde gefunden. Kaum vorstellbar, aber wahr: In Israel sind zur Zeit die Kindergeschichten made im "Münsterland" an ersten Positionen in der Bestsellerliste.