Oberhausen.
Die Zuschauer staunten nicht schlecht: Den
Vergleich mit einer professionellen Musicalbühne
brauchte diese Schüleraufführung
gewiss nicht zu scheuen. Am vergangenen
Freitag ging im Rahmen der Schulabschlussfeier
an der Kath. Hauptschule St. Michael die
Rockoperette "Dickmann" über
die Bühne - als deutsche Uraufführung.
Unter
der Regie von Lis Vincenz waren 18 Schüler
der Kath. Hauptschule St. Michael an dieser
Produktion als Darsteller und Mitwirkende
beteiligt und zeigten, dass in ihnen noch
so manch unentdecktes Talent schlummert.
Die rund 200 Zuschauer sahen sich jedenfalls
unvermittelt an eine der bekannten Musicalbühnen
versetzt, an der statt niedlicher Katzen
a la "Cats" oder Rollschuh getriebener
Lokomotiven diesmal reale Figuren und
echte Konflikte im Vordergrund standen.
"Dickmann"
ist ein ebenso schräges wie fantastisches
Musical und stammt aus der Feder des jungen,
deutschen Komponisten Walter von Bülow.
Von Bülow kommt aus Hamburg, wo er
für diese bereits 1997 entstandene
Rockoperette vor wenigen Jahren, nämlich
2000 im Rahmen des dritten Deutschen Musical-Kongresses
als Preisträger des Wettbewerbs "Works
in Progress" hervorging. Nach der
Oberhausener Uraufführung fragt man
sich allen Ernstes, warum nicht längst
große Bühnen zugeschlagen und
das Stück auf die deutschen Bretter
gebracht haben. Der aktuelle Stoff und
die Komposition haben es jedenfalls verdient,
endlich für die deutsche Musical-Bühne
entdeckt zu werden.
Denn
das Stück "Dickmann" ist
genau beobachtet und umspielt zwischen
Realsatire und Alltagswahnsinn mit drastischem
Witz sowie dramatischen Momenten den heutigen
Zeitgeist. "Die Geschichte trifft
in seinen skurrilsten Momenten den Ton
unserer Zeit genau und spricht die Sprache
der jugendlichen Darsteller", erklärt
Regisseurin Lis Vincenz. "Außerdem
erreicht Dickmann' unser Publikum,
weil dieses Musical echt und authentisch
ist." Besonders mitreißend
und voller kultverdächtiger Songs:
Die mitreißende Rockmusik, die in
Oberhausen von einer Live-Band eingespielt
wurde.
Die
Rockband aus Schülern und einigen
Professionals brachte dabei einen "Groove"
auf die Bühne, den auch der eigens
angereiste Komponist voll begeisterte.
"Es hat mich sehr berührt und
tief beeindruckt, wie genau diese jugendlichen
Darsteller das Wesentliche des Stücks
getroffen haben", kommentiert Walter
von Bülow nach der Aufführung
die Leistung der Schüler. "Sie
haben meinen Text und die Lieder zum Leben
erweckt, ohne dabei zu irgend einem Moment
künstlich zu wirken."
Viel
Lob gab es auch für das Engagement
der Schüler, die unter der einfühlsamen
Dramaturgie von Lis Vincenz in wochenlanger
Arbeit zu einer eingeschworenen Theater-Compagnie
zusammenfanden. "Man spürt förmlich,
dass sie gemeinsam echt viel Power rein
gesteckt und Gas gegeben haben",
lobt der Komponist Von Bülow.
Die
Geschichte dieses Musicals hat das Leben
selbst geschrieben: Prall und drastisch,
deftig und ein bisschen verrückt:
"Herr Dickmann" bekommt für
sein Erdenleben zwei Schutzengel mit,
damit er sich in der Welt gut entwickeln
kann. Genaugenommen sind es allerdings
drei Engel, weil Dickmanns Dauerverlobte
Uschi auch so eine Art Engel ist. Dummerweise
ist "Dickmann" gänzlich
unempfindlich für alles, was nicht
nach Bier riecht, nach einem Fernseher
aussieht oder sich wie eine Frau anfühlt.
Man
kann sich gut vorstellen, dass in dieser
fantastischen Geschichte fast alles schief
geht, was schief gehen kann. Und da helfen
selbst "Schueng", der sein intergalaktisches
Schutzengel-Diplom machen will und "Scherzeng"
nicht wirklich weiter. Zwar findet sich
Dickmann, die Hauptfigur, nach einigem
Streit und mancherlei Verwirrung wieder
mit seiner Uschi zusammen, die ihn wegen
dauerhaft erhöhtem Alkoholgenuss
und Vernachlässigung der Haushaltspflichten
rausgeworfen hatte, nur leider nicht wie
erhofft geläutert und geistig gestärkt.
Uschi nämlich trifft auf seinen "Dickmann"
ausgerechnet als dieser mit einer Flasche
Bier vor dem Fernseher hockt. Die Geschichte
droht daraufhin in einem bizarren Desaster
zu enden: Aber da tut "Dickmann"
völlig unerwartet etwas, das alles
verändert.
In
Oberhausen haben als "Dickmann"
Simon Kusch ("Bremser") als
"Uschi" Candy Liebermann debütiert.
Die Bardame Rita wurde von Sonja Dzuvic,
der Schutzengel von Benjamin Kaminski,
der Scherzengel von Philipp Sore und Bruno
von Pietro-Paolo Alfonso dargestellt.
Das Publikum bedachte die tollen Leistungen
zu Recht mit tosendem Applaus.
Dr. Jörg Bockow
Website Walter
von Bülow
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