Viele
Unternehmen werden sich hierzulande in den
nächsten Monaten auf neue Regeln
einstellen müssen. Veränderungen
des Zollkodex verlangen von ihnen neue firmeninterne
Abläufe und für die Zukunft eine
gründliche Vorbereitung. Davon betroffen
sind alle Firmen, die grenzüberschreitend
tätig sind, darunter selbstredend Im-
und Exportfirmen, Speditionen, Chemieunternehmen,
Textilhersteller, Maschinenbauer und nicht
zuletzt der Lebensmittelhandel. Bereits zu
Beginn des kommenden Jahres sollen die neuen
Regeln gelten. Da bleibt den Unternehmen nicht
mehr viel Zeit, sich auf die veränderten
gesetzlichen Vorgaben einzustellen.
Kaum
jemand hat bislang von dieser bedeutungsvollen
Veränderung wirklich Notiz genommen. Sie
wird in Kürze allerdings den Umgang mit
den Zollbehörden grundlegend verändern.
Seit dem 18. Dezember 2006 nämlich gelten
einige wesentliche Neuerungen innerhalb der
Durchführungsverordnung des Zollkodex.
Wichtigste Neuerung ist die genaue Beschreibung
des sogenannten „Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten“ (ZWB).
Mit diesem Etikett sollen diejenigen Unternehmen
ausgezeichnet werden, die sich in besonderer
Weise auf den Auslandshandel und ihren Umgang
mit den Zollbehörden vorbereitet haben
und dafür von den Behörden zertifiziert
worden sind. Ulrich Möllenhoff, Fachanwalt
für Steuerrecht in Münster und Spezialist
in Sachen Zollrecht, sieht auf viele Unternehmen
einen Wust von Formalitäten und einen
zusätzlichen bürokratischen Aufwand
zukommen, die diese aus eigenen Stücken
kaum mehr bewältigt bekommen. „Das
Verfahren für die Zertifizierung legt
die Meßlatte für den internationalen
Handel hoch“, weiß der Rechtsanwalt,
der als Berater und Sachverständiger Unternehmen
bei der Vorbereitung ihrer Zertifizierung betreut
und begleitet.
„Die Zertifizierung folgt einer durchaus
einleuchtenden und überzeugenden Idee“,
begründet Möllenhoff. „Sie
soll Unternehmen, die grenzüberschreitend
tätig sind, weltweit mit den gleichen
Regeln behandeln und nach vergleichbaren Standards überprüfen.
Die Kontrollen werden sich vor allem auf diejenigen
Unternehmen richten, die dieses Zertifikat
nicht erlangt haben. So will man offenbar gewährleisten,
dass die zertifizierten Unternehmen zuverlässige
Marktteilnehmern sind.“
Nach
den Erfahrungen der vergangenen Jahre, in
denen der rasante Wandel des Welthandels
auch ein sprunghaftes Ansteigen von Zoll- und
Rechtsverstößen mit sich gebracht
hat, will man den internationalen Austausch
von Waren noch sicherer und transparenter gestalten.
Zugleich will man dabei erreichen, dass möglichst
nur noch zertifizierte Unternehmen an der Lieferkette
teilnehmen. Diejenigen Unternehmen, die sich
der Prozedur nicht unterwerfen, werden sich
Wohl oder Übel auf sehr viel umfangreichere Überprüfungen
einstellen müssen, während alle,
die zertifiziert sind, von zeitraubenden Kontrollen
entlastet werden. Besonderes Augenmerk legen
die Zollbehörden naturgemäß auf
sämtliche deklarierungspflichtigen Waren.
Das soll verhindern, dass bestimmte Waren in
die Hände von Terroristen oder terroristischen
Organisationen gelangen.
Wer
als ZWB „Zugelassener Wirtschaftsbeteiligter“ anerkannt
werden will, muss zuerst bei der zuständigen
Zollbehörde einen Antrag stellen. Ab Anfang
des nächsten Jahres ist dies möglich.
Es folgt eine eingehende Prüfung, die
aber über die bekannten Außenprüfungen
hinausgehen wird. Für die Bewilligung
ist ganz entscheidend, ob die verantwortlichen
Mitarbeiter oder das Unternehmen selbst in
der Vergangenheit einmal gegen Vorschriften
verstoßen haben, ob die betriebsinternen
Abläufe eine verlässliche Erfüllung
der Zollvorschriften gewährleisten und
ob es die Sicherheitsvorkehrungen im Unternehmen
garantieren, dass keine unbefugten Personen
auf die Waren zugreifen können.
„Die Zertifizierung wird sich für
die Antragsteller in der Regel lohnen“,
prophezeit Rechtsanwalt Möllenhoff. „Durch
den europaweit geltenden Status – zukünftig
soll der sogar weltweit gelten – hat
der Zugelassene Wirtschaftsbeteiligte bei der
Zollabwicklung einen erheblichen zeitlichen
und letztlich wohl auch finanziellen Vorteil.
Denn er wird durch die günstigere Bewertung
im Rahmen der Risikoanalyse durch die Zollbehörden
weniger Kontrollen unterworfen werden.“ Es
heißt, dass der ZWB zukünftig einen
Anspruch auf bevorzugte und vereinfachte Abfertigung
hat. „Die Kontrolldichte wird also sinken“,
sieht Möllenhoff voraus.
Die
konkreten Vorteile gehen allerdings weit über
die Erleichterung bei den Kontrollen hinaus:
Höchstwahrscheinlich wird die Anerkennung
als ZWB auch zu einem neuen Qualitätsmerkmal
werden, vermuten Insider. So wird bereits heute
in der Automobilzulieferindustrie diskutiert,
zukünftig nur noch Geschäfte mit
Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten zu machen.
Außerdem denken große Unternehmen
schon darüber nach, dies zum Bestandteil
ihrer Ausschreibungen und auch der Auftragsvergabe
zu machen.
Von
den Veränderungen ganz direkt betroffen
sind natürlich Fuhr- und Logistikunternehmen.
Sie werden künftig ganz besonders darauf
achten, dass ihre Vertragspartner ZWB sind,
um nicht die Vorzüge ihres eigenen Status
zu gefährden. „Leicht nachvollziehbar:
Solange die eigenen Kunden ZWB sind“,
erklärt Ulrich Möllenhoff, „ verringert
dies den Prüfungsumfang.“
Der
Rechtsanwalt aus Münster rät
dringend, schon bald das eigene Unternehmen
zu überprüfen und sich bei der Vorbereitung
beraten zu lassen. „Allein die deutsche
Zollverwaltung rechnet im kommenden Jahr mit
etwa 40.000 Anträgen“, schätzt
man. „Da erscheint es uns sinnvoll zu
sein, das Verfahren rechtzeitig einzuleiten
und dann so vorzubereiten, dass umfangreichere Überprüfungen
seitens der Behörde gar nicht mehr erforderlich
sind.“ Wer im Laufe dieses Jahres seinen
Antrag vorbereitet, hat genügend Zeit,
sich auf die Veränderungen einzustellen.
So
erlaubt es das zollrechtliche Anerkennungsverfahren
sich die entscheidenden
Voraussetzungen zuvor
von Sachverständigen – in der Regel
sind das spezialsierte Rechtsanwälte,
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater – prüfen
und testieren zu lassen. Auf solche Testate
kann sich die Zollverwaltung bei ihrer Zertifizierung
stützen, so ist es im Zollkodex vorgesehen.
Das kann das Prozedere verkürzen und viel
Zeit sparen.
Wichtiger
Vorteil des ZWB wird künftig
die internationale Anerkennung sein. Es laufen
bereits Verhandlungen mit der Schweiz, den
USA sowie mit asiatischen Ländern wie
China, um die Sicherheitsstandards gegenseitig
anzugleichen. Fernziel ist es, dass die Vertragsparteien
den jeweiligen Statusinhabern die gleichen
Vorteile gewähren, wie sie den zertifizierten
Unternehmen im jeweiligen anderen Land gewährt
werden. Auch wenn dies zur Zeit noch Zukunftsmusik
ist, wird es sich lohnen, frühzeitig die
Zertifikate zu beantragen und als ZWB anerkannt
zu werden.
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