

Irritation im Kuhstall - Otmar Alt
2005
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Hamm.
Seine knallbunten Figuren, seine
fröhlichen Harlekin- und Katzenbildnisse
und seine fabulierenden Bilder haben
ihn berühmt gemacht. Er gehört
unbestritten schon seit über
drei Jahrzehnten zu den beliebtesten
deutschen Künstlern der Gegenwart:
Otmar Alt aus Norddinker bei Hamm
feierte an diesem Wochenende seinen
65. Geburtstag. Andere setzen sich
in diesem Alter zur Ruhe, nicht
so Otmar Alt. Er scheint jung zu
bleiben und ist in seiner Schaffenskraft
ungebrochen. Kreativität kennt
eben weder Vorruhestand noch Rentenalter.
Vor wenigen Monaten
erst hatte er mit seinem Projekt
„Innenansichten der Moderne“
einmal mehr das große Feuilleton
auf sich aufmerksam gemacht. Die
spektakuläre Ausstellung im
Rheinischen Landesmuseum in Bonn
fand viele Bewunderer. |
Unter dem Titel „Innenansichten der
Moderne“ hatte sich Otmar Alt in ebenso
faszinierender wie respektvoller Weise mit
den Klassiker der Moderne auseinandergesetzt,
freilich ohne dabei in falscher Ehrfurcht
zu erstarren. Durch Übermalungen von
Kalenderbildern und Postkarten war er berühmten
Vor-Bildern zu Leibe gerückt.
Ihn
interessierten Strukturen, Motive und
Themen in den Werken eines Joan Miró,
Wassily Kandinsky, August Macke, Franz
Marc, Lazlo Moholy-Nagy, Paul Klee, Ernst-Ludwig
Kirchner, Heinrich Campendonk, Gabriele
Münter und anderen, die einst als
„Blaue Reiter“, die „Brücke“
oder im Dessauer Bauhaus Furore gemacht
und Kunstgeschichte geschrieben haben.
Vier Jahre lang hat ihn dieses Projekt
beschäftigt. Über 200 Arbeiten
sind in dieser Zeit entstanden.
In
diesen Tagen findet Otmar Alt erneut eine
Herausforderung in der Theaterwelt. Bei
acht Bühnenproduktionen hat er in
den vergangenen Jahrzehnten bereits Bühnenbilder
und Kostüme entwickelt und damit
das Erscheinungsbild von Opern- und Ballett-Produktionen
maßgeblich mitgestaltet. Darunter
„Die kleine Hexe“ nach Ottfried
Preussler, Molieres „Der Geizige“
und das Ballett „Der Nussknacker“.
Im Frühjahr dieses Jahres war es
„Die Eroberung von Mexiko“,
eine moderne Oper, die bei den Städtischen
Bühnen in Münster
zur Aufführung gebracht wurde.
Eine
zweite Bühnenausstattung und die
Entwürfe für Kostüme stehen
für dieses Jahr noch auf der Agenda.
Im Oktober soll das Ballett „Alice
im Wunderland“ nach dem gleichnamigen
Märchen am Theater in Hof über
die Bühne gehen.
Multitalent
Otmar Alt ist durch seine unverwechselbare
Handschrift immer als Alt zu erkennen,
ganz gleich, was er anfasst und ganz gleich,
welchem Material und Werkstoff er seinen
Stempel aufdrückt, ob er mit grellen
Acrylfarben eine Leinwand bemalt, Bühnenbilder
entwirft, Skulpturen formt, Keramiken
baut oder Glasplastiken und Porzellangeschirr
entstehen lässt. Immer springen einem
die meist wie Puzzelbilder aufgebaute
Farbigkeit und seine prägnante Formensprache
ins Auge.
Darin unterscheidet er sich kaum von so
populären Vorgängern wie Roy
Lichtenstein, Nikki des Saint-Phalle oder
auch Friedrich W. Hundertwasser, die es
geschafft haben, ihre Bilder und Plastiken
erfolgreich zu vermarkten. Diese Popularität
hat jenen wie diesem von der elitären
Kunstkritik beinahe ebenso viel Skepsis
und Ablehnung eingebracht. Denn auch Otmar
Alt wird dafür gescholten, dass es
ihm mit preiswerten Druckgrafiken, Give-aways
und Allerweltsartikeln gelungen ist, Kunst
für jedermann erschwinglich werden
zu lassen.
Otmar
Alts Stil wird häufig mit dem von
Künstlern wie Miró, Matisse,
Arp, Kandinsky und Klee verglichen. Zwar
gibt es hier und da Ähnlichkeiten
hinsichtlich der Expressivität der
Farben oder der Art und Weise, wie er
neuartige Phantasiegestalten aus einer
Mischung aus organischen Formen und angedeuteter
Figürlichkeit entstehen lässt.
Im direkten Vergleich aber bleibt Otmar
Alt ein Künstler mit einer unverwechselbarer
Sprache, ein charaktervoller Individualist
und radikaler Einzelgänger. Die Zurückgezogenheit
seines privaten Lebens steht in krassem
Gegensatz zur Popularität seiner
Bilderwelt, wie die Heiterkeit und Leichtigkeit
der Bilder spätestens nach dem Tod
seines Sohnes und dem Unfalltod seiner
Frau einer in Metapher und Fabeln versteckten
Nachdenklichkeit und Tiefgründigkeit
gewichen ist.
Vor
über zehn Jahren hat er die nach
ihm benannte Stiftung ins Leben gerufen,
die sich der Förderung junger Künstler
widmet. Seit 1996 hat die Stiftung in
unmittelbarer Nähe zur Wirk- und
Lebensstätte des Künstlers auf
einem ehemaligen Bauernhaus bei Hamm eine
Heimstatt gefunden. Hier werden viel beachtete
Ausstellungen ausgerichtet und der lebendige
Austausch mit jungen Künstlern gefördert.
Die
tatkräftige Förderung der Kunst
reiht sich in sein vielfältiges soziales
Engagement ein. Otmar Alt hat sich in
den letzten Jahrzehnten unzählige
Male als kreativer Motor und Sponsor für
verschiedene soziale und kommunale Projekte
betätigt. Gerade erst hat er im Rahmen
der Vorbereitung der Fußballweltmeisterschaft
im Auftrage der FIFA ein kreatives Projekt
unterstützt. „Talente 2006
– Die FIFA WM in der Schule“
heißt das Projekt, bei dem der Künstler
an einer Schule in Sinsheim einen originellen
Kunstunterricht durchgeführt hat.
Kein
Wunder, dass dem Künstler in den
vergangenen Jahren eine vielfältige
gesellschaftliche Anerkennung zuteilgeworden
ist. Im Jahre 1994 wurde ihm die Ehrenbezeichnung
und somit Aufnahme in den Kreis der „Bürger
des Ruhrgebietes“ verliehen. 1998
erhielt er das Bundesverdienstkreuz. In
diesem Jahr ist er zusammen mit Farah
Diba Pahlavi, Simon Peres, Pierre Brice
und Friedrich Nowottny einer der Preisträger
des Steiger-Award 2005, der ihm in Dortmund
verliehen wird. Erst wenige Wochen alt
ist die feierliche Vergabe des Kunstpreises
der Stadt Wernigerode, mit dem ihm seine
Heimatstadt ihre Referenz erwiesen hat.
Dr.
Jörg Bockow
17. Juli 2005
Die
Internetseiten inklusiv Galerie besuchen:
www.otmar-alt.de
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