Die
ärgsten Kritiker sitzen immer in der Ersten Reihe.
Das gilt nicht nur auf dem Fußballplatz, wo ein
jeder Zuschauer zum mäkelnden Schiedsrichter mutiert,
sondern auch beim Fernsehen, wo das Publikum es als
unerbittlicher Richter sowieso immer besser weiß.
Zustimmung und Ablehnung, Beifall und Distanzierung
sind ganz offensichtlich Grundstrukturen unserer Wahrnehmung.
Richtig spannend und interessant wird es, wenn dieser
Prozess einmal bewusst gemacht oder bewusst eingesetzt
wird.
Die
Unternehmens- und Personalentwickler von MSH Management-Beratung
Hans in Beckum haben sich dieses Phänomens angenommen
und daraus ein Instrument zur Beschleunigung von Lernprozessen
entwickelt. Es wird seit neuestem von den Beckumern
unter dem Markenzeichen "Change-TV" verbreitet.
Eine pfiffige Idee und eine komplexe Technik, die
vor allem in Personal- und Führungstrainings
effektiv eingesetzt werden kann.
Im
Mittelpunkt des Lernprozesses steht ein vorproduzierter
Videofilm, der der Lerngruppe vorgeführt wird.
Der besondere Clou des Verfahrens ist die Technik,
die sich dahinter verbirgt und die eine interaktive
Arbeit mit dem Streifen ermöglicht. Die Teilnehmer
werden aufgefordert, die dargestellte Situation aus
ihrer Sicht zu analysieren und zu beurteilen. Das
fällt niemandem besonders schwer, zumal jeder
Teilnehmer mit einem Signalgeber bewaffnet ist, mit
dessen Hilfe er "ungünstige" Verhaltensweisen
kennzeichnen kann.
Die
Signale der Teilnehmer werden per Computer ausgewertet
und können unmittelbar als Feedback in die Gruppe
zurückgespiegelt werden. "Die Auswertung",
so Dr. Norbert Hans, "macht sowohl den Status
des Problembewusstseins der Teilnehmer als auch den
der gesamten Gruppe deutlich. Der Gruppentrainer kann
bedarfsgerecht mit seiner Arbeit fortfahren."
Das Besondere an diesem genau geplanten und vorbereiteten
Ablauf ist, dass die Teilnehmer - nahezu unmerklich
- eine geschärfte Wahrnehmung entwickeln. Denn
sie identifizieren in der vorfabrizierten Filmsequenz
jene Verhaltensweisen, die es im folgenden Prozess
zu verändern gilt.
Die
Methode gipfelt am Ende einer jeden Lektion in einer
Art Lernkontrolle, mit der auf der einen Seite der
Erfolg der Arbeit abgetestet und auf der anderen Seite
genau jene Verhaltensweisen gebrandmarkt werden, die
es für den einzelnen Teilnehmer in den nächsten
Wochen und Monaten in der Wirklichkeit des Berufsalltages
zu verändern gilt. Das letzte Gespräch bekommt
damit quasi den Status einer Zielvereinbarung, die
den Teilnehmern mit auf den Weg gegeben werden kann.
Bei
MSH Management-Beratung Hans hat man bereits eine
Vielzahl von Standardsituationen mittels Videofilmen
vorbereitet. Die Titelliste liest sich - durchaus
mit ironischen Seitenhieben - wie die Bestsellerliste
erfolgreicher Kinofilme: Hinter "Ein Mann sieht
rot - Führen war nicht sein Problem" verbergen
sich klassische Problemsituationen für das Mitarbeitergespräch,
die für den Betrachter geradezu nach Veränderung
schreien.
Über
20 Titel sind inzwischen abgedreht und stellen eine
breit gefächerte Videothek dar, mit der nahezu
alle klassischen Fehler und Problemfälle im Bereich
des Führungsverhaltens aufgespießt werden
können. Die Titelliste reicht von Schmankerln
und Klassikern wie "Die Jury - Verurteilen statt
beurteilen" bis hin zu reißerischen Streifen,
die die Trainingsteilnehmer zur Stellungnahme geradezu
herausfordern: "Der Imperator schlägt zurück
- Führung mit Macht macht ohnmächtig".
Die
Videos basieren auf realistischen Situationen, sodass
ihre Authentizität den Veränderungsprozess
unterstützt. Dadurch wird das Training nicht
als Sandkastenspiel erlebt, sondern bezieht sich auf
Alltagserfahrungen. "Wir haben die Beobachtung
gemacht," berichtet Dr. Norbert Hans, der Erfinder
der Lernmethode, "dass die Teilnehmer durch die
Technik im Vergleich zu herkömmlichen Methoden
gleich mehrere Stufen im Veränderungsprozess
überspringen. So wird das Problembewusstsein
ganz unmittelbar ausgebildet." Change-TV hat
sich dadurch nach den Erfahrungen der Personalentwickler
aus Beckum besonders in Change-Management-Prozessen
qualifiziert.
Der
"Poltergeist - Er weiß, wie man Kunden
vertreibt", ein Streifen aus den Beckumer Videostudios
wird gewiss nicht mit einem Oscar ausgezeichnet, aber
als Instrument für erfolgreiche Verkäufertrainings
verdiente es eine eigene Auszeichnung. Wer hätte
das gedacht? Nach den Unkenrufen der letzten Zeit
entpuppt sich die gute alte "Glotze" durchaus
als eine erfolgreiche Zuchtmeisterin - "Big Brother"
und "Game-Shows" zum Trotz.
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