Da
kam vielen der Anwesenden die ebenso launige
wie engagierte Eröffnungsrede von Medienwissenschaftler
Prof. Dr. Peter Glotz gerade recht. Er führte
die Wirkung aller Kommunikationsmaßnahmen
und die Bedeutung aller Medien auf das direkte
Gespräch zurück. Der Kontakt von Angesicht
zu Angesicht ist durch nichts zu ersetzen, so
sein Schluss. Ein gewichtiges Argument für
Event und Promotion, die im Zusammenspiel der
unterschiedlichen Marketingtools eine stark
wachsende Bedeutung bekommen.
Der
Deutsche Eventtag am 7. November erwies sich
einmal mehr als das Forum und Stell-dich-ein
der Branche. Er ist längst eine etablierte
Veranstaltung und behauptet sich als die höchst
lebendige Drehscheibe für neue Trends
und Innovationen. Das Thema der diesjährigen
Veranstaltung: "High touch - Live-Kommunikation
auf dem Prüfstand" gab zu vielfältigen
Reflexionen Anlass. Dabei war der Blick nach
vorne gerichtet. Im Zentrum der Veranstaltung
standen in diesem Jahr wieder hochkarätig
besetzte Vorträge und Diskussionen. Und
ganz und gar nicht am Rande: Agenturen, Dienstleistern
und die Vertreter der Industrie nutzten die
Pausen und die Begegnung auf der Mall zu intensivem
Austausch und informellen Kontakten.
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Mit
fünf Impulsvorträgen von bekannte
Vertretern aus Wissenschaft und Praxis
wurde die Diskussion entfacht. Die konkrete
Auseinandersetzung fand in parallel verlaufenden
Themenforen statt.
Das
Forum von Dr. Peter Kreuz, Gründer
von Advanced Innovation in Wien, behandelte
in seinem Vortrag "Mitschwimmen
oder Gegensteuern?" die Positionierung
der Agenturen. Was kann man von anderen
Branchen oder Käufergruppen lernen,
stellte er die Eventagenturen vor die
entscheidende Frage. Bringt ein Wechsel
zwischen funktionaler und emotionaler
Ausrichtung neue
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Marktpotentiale?
Wie erhöhe ich die Reichweite meiner Serviceangebote?
Fragestellungen bei denen Dr. Kreuz an eindrucksvollen
Beispielen erläuterte, wie Gegensteuern
in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die erfolgreiche
Entscheidung und richtige Strategie war.
Innovative
Kommunikationsstrategien sind wichtiger als
innovative Produkte, so lautete sowohl Kernthese
als auch Lösung, die Peter Kreuz entwickelte.
Es kommt darauf an, für sein Unternehmen
ein unterscheidbares, klares Profil zu finden.
Was für jedes Unternehmen gilt, gilt
eben auch für Eventagenturen.
So
erweist sich der Blick über den Tellerrand
und der direkte Vergleich als durchaus inspirierend:
Fitness-Studios gibt es beispielsweise in
großer Zahl. Hier sind glückliche,
schöne und gesunde Menschen zu finden,
die gesundheitliche Probleme nicht kennen.
Kieser-Training hat es innerhalb von kürzester
Zeit geschafft, 150 Filialen aufzubauen, indem
diese Studios genau anders gepolte Menschen
angesprochen haben und zusätzlich für
den Fitness- und Wellness-Bereich gewonnen
haben. Ein Beispiel, an dem sich vieles aufzeigen
und lernen lässt.
Eventmanagement ist eine Beeinflussungskunst,
die großes psychologisches Einfühlungsvermögen
erfordert, so lautete die Erkenntnis von Georg
Stark, Leiter des Steinweg-Instituts für
Wirkungsanalysen und Strategieberatung in
Köln. Er erläuterte in sieben Thesen
Wirkung und Wirklichkeit von Event-Kommunikation.
Seiner Meinung nach sind Events als einer
der wichtigsten Brennpunkte der Unternehmens-
und Markenkommunikation anders zu managen
und zu bewerten als andere Kommunikationsformen.
Besonderen
Wert legte Stark in diesem Zusammenhang auf
eine Fortschreibung und systematische Weiterentwicklung
erfolgreicher Konzepte von einer Veranstaltung
zur nächsten. Nur so sei die notwendige
Qualität zu erreichen und auf Dauer zu
gewährleisten. Nachhaltigkeit - ein bedeutendes
Kritierium für Event und Promotion. Eine
adäquate Wirkungsmessung sei dazu genauso
grundlegende Voraussetzung wie klare Zielbestimmungen
und Analyse der Zielgruppen. Dazu gäbe
es derzeit eine ganze Reihe Ansätze, die
aber in den meisten Fällen noch nicht ausgereift
seien.
Astrid
Braungart, Marketing Director bei Siemens
mobile beschäftigte sich in ihrem Workshop
mit dem gespannten "Verhältnis zwischen
Kunde und Agentur". Die Relation von
Aufwand und Nutzen sei in den letzten Jahren
durch ineffiziente Auswahlverfahren und endlose
Präsentationszyklen völlig aus dem
Lot geraten, so der Vorwurf vieler Agenturen.
Gerade in Konzernen sind es jedoch nicht die
Spezialabteilungen, die über das Ausschreibungsverfahren
entscheiden. Vielmehr werden den Abteilungen
Einkaufsbedingungen vorgelegt, an die man
sich halten muss.
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Ob
sich aufwändige Konzeptpräsentationen
für die Unternehmen ernsthaft als
Auswahlkriterium eignen, oder ob sich
dieses Verfahren nicht zum Nutzen beider
Seiten verschlanken ließe, konnte
nicht abschließend geklärt
werden. Dennoch, die Agenturen wurden
von Braungart aufgefordert, wenn sie sich
schon an Pitches beteiligen, genau auf
die Bedürfnisse des Kunden einzugehen.
Dies sei in der beste Weg, um zu Aufträgen
zu gelangen. Wer richtig zuhört,
kann so bereits leicht einen Wettbewerbsvorsprung
ergattern. |
Marketingexperte
und Honorarprofessor der Universität Witten/Herdecke
Prof. Dr. Peter Littmann forderte von seinen
Zuhörern mehr Mut zur Innovation. Dem war
eine durchaus unbequeme Analyse und provokante
Feststellung vorausgegangen: Industrie und Kommunikationsbranche
ruhen sich auf einer eklatanten Fehleinschätzung
aus. Marken, Produkte und Images gleichen sich
mehr als dass sie sich differenzieren. Ein Schlag
ins Gesicht fast aller Agenturen.
Er
machte in seinem Vortrag deutlich, dass die
permanente Überschwemmung mit austauschbaren
Produkten und kaum unterscheidbaren Marken
nicht zu einer Erhöhung der Standards
und einer Verbesserung der Angebote führe.
Im Gegenteil, das Gleichmaß fräße
beim Publikum allmählich den guten Geschmack
und das Gefühl für Qualität
auf. Was bliebe, sei eine Orientierung der
Kunden ausschließlich am Preis. Eine
Aussage, die für Markenartikler genauso
wie für ihre Dienstleister angewendet
werden muss.
In
diesem Zusammenhang prangerte er die Verhinderung
von Innovationen an: Das Mittelmaß,
die Menschen ohne Mut, die sich in den mittleren
Hierarchien von Unternehmen befinden und sich
nicht trauen, den "Kopf aus der Deckung
zu strecken", verhindern, dass sich Innovationen
durchsetzen. Dass die Strukturen in Deutschland
gerade das Mittelmaß fördern, ist
deshalb nicht zuletzt für Littmann der
Grund für die miese wirtschaftliche Situation
in diesem Land.
Stefan
Ludwig, Senior Business Consultant bei Deloitte
& Touche Sport fragte zu Beginn die Anwesenden,
welche Konzepte bei ihnen für die Fussballweltmeisterschaft
2006 und die Olympia-Bewerbung der Stadt Leipzig
in den Schubladen schlummerten. Denn hier
gäbe es ein Millionen-Publikum geradezu
gratis. Unternehmen würden ihre Marketing-Etats
in diesem Zeitraum radikal verschieben, doch
die Eventagenturen warten noch immer untätig
auf das Briefing ihrer Kunden. Als Strategische
Berater aber seien die Agenturen gerade hier
aufgefordert, im vorhinein neue Konzepte und
innovative Strategien zu entwickeln. Ansonsten,
so die düstere Prognose, werden Unternehmensberater
und Werbeagenturen vermutlich den Markt unter
sich aufteilen. Ludwig zeigte weiter, wie
es für Unternehmen möglich ist,
bestehenden Veranstaltungen für sich
als Event zu adaptieren.
Der
Workshop-Charakter, machte die Teilnehmer
zu Akteuren. In den kontroversen Diskussionen
kam es auf diese Weise zu einem, für
die Zukunft fruchtbaren Dialog aller Beteiligten.
"Wer am Ende der Veranstaltung keine
Impulse mitgenommen hat, muss im Tiefschlaf
gelegen haben", so die Worte einer sichtlich
beeindruckten Teilnehmerin in der Kaffeepause.
Zum Nutzen aller wurden im Plenum die Ergebnisse
der parallel abgelaufenen Foren zusammengefasst,
so dass alle die Möglichkeit hatten,
von den neuen Denkansätzen zu profitieren.
Während
die Fachausstellung rund um Live-Marketing,
Produktinszenierung und dreidimensionale Kommunikation,
die den ganzen Tag in den Malls der MMC-Studios
besucht werden konnte, bereits aus den Vorjahren
bekannt war, war die "Sponsoren-Plaza"
ein Novum. Hier präsentierten sich die
Sponsoren der Veranstaltung. Die Teilnehmer
hatten so die Möglichkeit, direkt mit
ihnen ins Gespräch zu kommen, Kontakte
zu knüpfen oder zu vertiefen.
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Den
krönenden Abschluss des arbeitsreichen
Tages bildete die feierliche Preisverleihung
von ADAM und EVA, den beiden Branchen-Oscars,
die gemeinsam von FAMAB Exhibition und
FME durchgeführt wird. Die diesjährige
EVA- und ADAM-Preisverleihung erreichte
sowohl von der Qualität der ausgezeichneten
Projekte als auch von ihrem feierlichen
Rahmen her eine ganz neue Dimension: Alle
eingereichten 163 Projekte wurden in der
Galerie der Einreicher präsentiert
und die nominierten Projekte in der Nominees-Lounge
ausführlich vorgestellt. Die Preisverleihung
selber fand in festlichem Ambiente statt. |
Doch
es ist nicht der Aufwand, sondern der Nutzen,
der zählt. Trotz der wirtschaftlich angespannten
Situation wurde der Deutsche Eventtag 2003
von über 600 Teilnehmern besucht. Am
Abend kamen zur Preisverleihung von ADAM und
EVA noch einmal rund 650 Gäste hinzu.
Unterstützt und in diesem Rahmen erst
möglich wurde die Veranstaltung durch
die 20 Hauptsponsoren und 30 Sponsoren, die
sich insgesamt mit einem Sponsoringvolumen
von über 500.000 Euro an der Veranstaltung
beteiligten. Mit dem Deutschen Eventtag und
der ADAM- und EVA-Verleihung haben die beiden
Verbände, der FAMAB und der FME erneut
ein inhaltliches Branchen-Highlight gesetzt.
Jetzt kommt es darauf an, die neuen Erkenntnisse
umzusetzen und dem Markt neue Impulse zu geben.
Dr.
Jörg Bockow
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